Selbstvertrauen - sich selbst vertrauen lernen (Teil 3)



Heute geht es wieder mal um eins meiner Lieblingsthemen hier im Blog: das Thema Selbstvertrauen. Teil 1 zu diesem Thema befasste sich mit möglichen Ursachen für ein mangelndes Selbstvertrauen, in Teil 2 hast du schon erste Tipps dafür bekommen, wie du einen eventuellen negativen inneren Dialog mit dir selbst in Frage stellen und durch einen hilfreicheren ersetzen kannst. In diesem Beitrag nun möchte ich versuchen, dir „Schützenhilfe“ dabei zu geben, im Alltag ein bisschen netter mit dir selbst umzugehen.

Erfahrungsgemäß leben nämlich Menschen mit einem eher geringen Selbstwertgefühl gerne nach dem Motto: „Liebe alle deine Nächsten mehr als dich selbst!“ Sicherlich ein sehr sozialverträgliches Motto und für die Umwelt der Betreffenden auch mehr als bequem und angenehm! Aber für die Entstehung eines gesunden Selbstvertrauens und innerer Ausgeglichenheit meist kein sonderlich guter Nährboden - sogar der liebe Gott ist an dieser Stelle weniger anspruchsvoll in seinen Forderungen an uns, wenn man der Bibel glauben will, und er wird schon wissen, warum ...

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Ob du zu denjenigen gehörst, die mit sich selbst strenger ins Gericht zu gehen pflegen, als mit ihrer Umwelt, kannst du durch ein kleines Experiment leicht herausfinden:
  • Denk an einen guten Freund / eine gute Freundin. Überleg dir spontan drei Dinge, die du an ihm / ihr liebens- und bewundernswert findest. Dann mach dasselbe mit dir: Was macht dich als Person liebens- und bewundernswert für andere? Und dann frag dich: Welche Fragestellung war dir unangenehmer? Über welche musstest du länger nachdenken? Wenn es die zweite war, lebst du vermutlich sehr nach dem Motto: „Eigenlob stinkt!“ - und kannst da ein bisschen Nachhilfe gut vertragen!

  • Jetzt dreh die Übung um. Welche Eigenschaften magst du an deinem Freund / deiner Freundin nicht so sehr? Und welche an dir selbst? Musst du bei der ersten Frage länger grübeln, kannst die zweite aber wie aus der Pistole geschossen beantworten?

  • Kennst du folgende Situation? Du hast irgend etwas getan / geleistet und wirst dafür von anderen gelobt. Oder du bekommst ein unerwartetes Kompliment, z. B. über dein Aussehen an diesem Tag oder das, was du gerade anhast. Und deine sofortige, beinahe reflexhafte Reaktion ist Abwehr: „Ach, das war doch gar nichts Besonderes!“ - „Ich habe einfach Glück gehabt, dass es so gut geklappt hat!“ - „Ach was, ich müsste seit Wochen dringend zum Friseur und zugenommen hab ich auch schon wieder!“ - Gerade Leuten mit geringem Selbstwertgefühl fällt es oft schwer, positives Feedback einfach mit einem dankenden Lächeln zu akzeptieren und sich daran zu freuen - der Kontrast zu dem, was sie selbst über sich denken, ist einfach zu heftig! Also wird erst mal abgewiegelt ...

Ein wichtiges Kennzeichen von Menschen mit geringem Selbstwertgefühl ist es oft, dass sie sich selbst dauernd sehr kritisch beäugen: Was ist nicht in Ordnung an mir? Was habe ich falsch gemacht? Was hätte ich zumindest besser machen können, als ich es gemacht habe? Umgekehrt sind sie mit Lob für sich selbst geizig wie Dagobert Duck und schaffen es oft kaum noch, die eigenen Leistungen anzuerkennen oder etwas Positives an sich zu entdecken. Geht wirklich etwas in ihrem Leben schief, dann trösten sie sich nicht selbst, indem sie besonders liebevoll und achtsam mit sich umgehen, sondern werden zu unbarmherzigen Kritikern ihrer selbst: „Kein Wunder, dass dir das passiert ist, du bist ja schließlich unfähig .. nicht liebenswert .. ein Versager .. ein Idiot ...!“ (Im Gegenzug dazu verhalten sie sich meist genau umgekehrt, wenn das, was schief geht, jemand anderen betrifft! Für den haben sie dann all die tröstenden und ermutigenden Worte parat, die sie sich selbst nie gönnen würden!)

Nun ist es aber so, dass jeder von uns in sich unterschiedliche Persönlichkeitsanteile trägt. Vielleicht kennst du es ja auch von dir, dass du in manchen Situationen Reaktionen zeigst, die eigentlich nicht die einer/eines Erwachsenen sind, sondern die - objektiv betrachtet - ziemlich kindlich sind. Oder dass du in vieler Hinsicht vielleicht ein eher schüchterner Mensch bist - aber wenn es um ganz bestimmte Dinge geht, findest du plötzlich einen Löwenmut in dir und kannst dich prima durchsetzen. Auf jeden Fall spürst du diese unterschiedlichen Anteile immer dann, wenn du hinsichtlich zu treffender Entscheidungen in die Krise kommst, weil du einfach nicht weißt, was du tun sollst. Im Regelfall gibt es dann einen Persönlichkeitsanteil in dir, der in die eine Richtung zieht, und einen anderen, der für die andere Richtung stimmt. Das hat übrigens alles überhaupt nichts damit zu tun, dass wir alle gespaltene Persönlichkeiten wären, sondern ist ganz normal und gesund! In den meisten Fällen ist es auch so, dass die verschiedenen Anteile gut miteinander auskommen und jeder mal zu seinem Recht kommt - sprich: sich durchsetzen kann. Der Erwachsenen-Anteil in dir sorgt vielleicht dafür, dass du morgens rechtzeitig aufstehst, um zur Arbeit zu gehen, aber dein Kind-Anteil darf sich dafür so richtig fröhlich austoben, wenn du mit deinen Inline-Skatern unterwegs bist oder mit deinen eigenen Kindern auf dem Fußboden liegst und Carrera-Rennen fährst. Und das ist auch gut und wichtig so!

Gelegentlich gibt es aber Anteile in uns, die - aufgrund äußerer oder innerer Umstände - mehr Platz und Entscheidungsmacht beanspruchen, als ihnen zusteht, und damit andere Anteile, die eigentlich auch wichtig wären, quasi „mundtot“ machen. Ich stelle mir das selbst immer gerne wie eine Art Plenarsaal vor, in dem es so einen Schreihals gibt, der alle anderen Anteile mit seiner Stentorstimme übertönt und kaum zu Wort kommen lässt. Irgendwann geben die anderen Anteile dann frustriert auf und werden immer leiser, wenn sie überhaupt noch etwas sagen. Bei selbstunsicheren Menschen ist dieser innere Schreihals ganz oft der „Kritiker“, also derjenige, der an nichts ein gutes Haar lässt, der immer das Schlimmste befürchtet und von allen zur Verfügung stehenden Interpretationsmöglichkeiten für eine Situation immer die negativste auswählt. Und wenn er schon ein paar Jahre die Oberhand hat, dann ist es ganz schön schwierig, ihn mal in seine Schranken zu weisen! Dafür brauchst du einen Verbündeten - und auch den hast du in dir, auch wenn er vielleicht in der Vergangenheit immer leiser und leiser seine Stimme erhoben hat, weil er das Gefühl hatte, dass ihm eh keiner zuhört. Diesen Verbündeten würde ich jetzt gerne mit dir zusammen mal in den Vordergrund locken und ihm das Wort erteilen, wenn du Lust hast. Wahrscheinlich ist er erst mal noch ein bisschen heiser, schwer verständlich und auch unsicher - kein Wunder nach den Erfahrungen, die er mit deinem „Kritiker“ so gemacht hat! Aber keine Sorge: in den meisten Fällen ist er sehr froh, wenn er endlich mal Redeerlaubnis bekommt und gewinnt relativ schnell an Lautstärke! (Dass du diesen liebevollen Anteil in dir hast, merkst du am besten daran, dass er sich immer dann, wenn jemand anders, der dir nahe steht, etwas verbockt hat oder mit sich unzufrieden ist. Dann ist der Anteil nämlich gleich zur Stelle, tröstet, baut auf, findet Entschuldigungen und dergleichen. Wir müssen ihm also nur ein bisschen den Rücken stärken, damit er sich auch wieder ans Redepult traut, wenn es um dich selbst geht, obwohl sich der Kritiker immer in den Vordergrund drängelt!)

Am besten geht das, wenn du dir einen Moment Zeit nimmst, um diesen inneren liebevollen Anteil tatsächlich als Wesen zu visualisieren. „Wesen“ soll in diesem Zusammenhang einfach bedeuten, dass du jede Freiheit hast, ihm Gestalt zu verleihen: du kannst ihn (oder sie!) menschlich machen, ein Krafttier wählen oder dich für ein Märchen- oder Fabelwesen entscheiden, vielleicht eine Fee, eine Elfe, einen alten Zauberer ... Such aus, was dich am ehesten anspricht. Manche Leute finden es auch am einleuchtendsten, sich für den liebevollen Beobachter den alten, weisen und gütigen Menschen vorzustellen, der sie selbst einmal sein werden. Das ist ganz dir überlassen. Wichtig ist nur, dass dein innerer Beobachter eine Gestalt, ein Gesicht und eine Stimme bekommt. Seine Eigenschaften aber sind immer dieselben: er ist nachsichtig, milde, voller Liebe, Güte und Verständnis für dich und alles, was du tust, und seine Absichten sind nur die besten: er ist da, um dir zu helfen, dich zu unterstützen, zu motivieren, zu coachen, zu ermuntern, zu trösten und dich durch dein ganzes Leben mit Zuneigung und Achtung zu begleiten. Er wird immer für dich da sein, dich nie im Stich lassen und dir immer ein guter und hilfreicher Ratgeber sein ...

Nimm dir genügend Zeit, um dir diesen inneren Begleiter (oder diese innere Begleiterin) ganz detailliert vorzustellen. Wenn du möchtest, kannst du ihm oder ihr auch einen Namen geben. Auf jeden Fall sollte dieser Name ein Adjektiv beinhalten, das seine positive Einstellung zu dir widerspiegelt - du kannst ihn z. B. deine „gute“ Fee oder deinen „liebevollen“ Wolf oder einfach deinen „besten Freund“ bezeichnen. Was du nicht tun solltest: jemand tatsächlich Existierenden aus deinem Umfeld dafür wählen. Wofür immer du dich entscheidest, es sollte ein Geschöpf deiner Fantasie und nicht deiner Realität sein. Wenn du Lust hast, kannst du aber darüber nachdenken, ob du ihm oder ihr symbolisch in der Realität Gestalt verleihen möchtest. Hast du dir z. B. einen Löwen als liebevollen Begleiter ausgesucht, ist es vielleicht eine gute Idee, dir einen Schlüsselanhänger oder auch etwas anderes in Löwengestalt zuzulegen, der dich immer an ihn erinnert. Oder dir ein Bild von ihm oder ihr zu zeichnen, das du ab und zu zur Hand nehmen kannst. Du musst einfach für dich prüfen, was speziell für dich passt und stimmig ist.

Hat dein innerer wohlwollender Begleiter jetzt seine Gestalt gefunden, dann fang an, mit ihm in Dialog zu treten. Dafür gibt es viele verschiedene Gelegenheiten:
  • Du kannst dir jeden Morgen im Bad als erstes einen liebevollen Satz überlegen, den er oder sie dir heute mit auf den Weg in den Tag geben könnte, wenn er hinter dir stünde und dich anschaute: Vielleicht ein Kompliment, eine Ermutigung für das, was du heute alles vor dir hast oder irgendetwas ganz anderes? Da seine Stimme zumindest anfangs eher leise sein wird, ist es vielleicht eine gute Idee, wenn du dir diesen Satz auf ein Zettelchen schreibst und für den Tag einsteckst - und hin und wieder einen Blick darauf wirfst. Oder dir dein Symbol für deinen Begleiter (wenn es handlich genug ist und du dir eins ausgesucht hast) einsteckst und ab und zu einfach in der Tasche in die Hand nimmst, um mit ihm in Kontakt zu treten.

  • Frag dich ab und zu im Laufe des Tages: Wenn dich dein liebevoller Begleiter jetzt gerade beobachten würde bei dem, was du tust / sagst / denkst ... was würde er dir sagen? Was würde er sich für dich wünschen? Was würde er vielleicht auch tun?

  • Wenn es richtig schwierig, frustrierend oder ärgerlich läuft: Was würde dein wohlwollender Begleiter dir jetzt wohl gerade an Ermutigung, Motivation oder Anfeuerung zurufen? Wie würde dich aufbauen? Was würde er dir raten, damit es dir besser geht?

  • Vor allem, wenn du dich dabei ertappst, dass du gerade mal wieder damit beschäftigt bist, dich selbst unbarmherzig runterzumachen: Halt einen Moment inne und frage dich, was dein freundlicher Begleiter dazu zu sagen hätte!

  • Nimm dir am Abend einen Augenblick Zeit, mit deinem hilfreichen Begleiter den Tag noch einmal in Gedanken durchzugehen. Was gefällt ihm besonders gut an diesem Tag an dir? Wo war er besonders zufrieden mit dir, was hat ihn stolz auf dich gemacht? Wo hat er sich mit dir gefreut, weil dir etwas Positives widerfahren ist?

  • Wenn dir manche Sätze deines liebevollen Begleiters besonders gut tun oder dir besonders gut gefallen, kannst du sie auch „verewigen“: Schreib sie auf eine schöne Postkarte, die gut zu ihm passt, und stell oder häng sie dir irgendwo in deiner Wohnung oder an deinem Arbeitsplatz auf, wo du sie immer wieder siehst.

Bei all diesen Übungen ist es immer wichtig, dass du dir in Erinnerung rufst, dass dieser innere Helfer nur Gutes über dich zu sagen hat - Kritik, Spott, Antreibertum, Pessimismus und dergleichen sind im völlig fremd. Du bist der Mensch in seinem / ihrem Leben, den er oder sie am meisten schätzt, an den er bedingungslos glaubt und dem er nur das Allerbeste wünscht! Und entsprechend fallen auch alle seine Kommentare zu dir und deinem Leben aus ...

Wie gesagt, am Anfang wird dir das Ganze vermutlich etwas seltsam vorkommen, und deine liebevolle innere Instanz wird vielleicht einige Schwierigkeiten haben, sich trotz des Dauerfeuers deines inneren Kritikers bemerkbar zu machen, aber das ist alles eine Frage der Zeit und der Beharrlichkeit. Gib ihm einen festen Platz in deinem Leben, lass ihn bewusst regelmäßig und hoffentlich immer öfter und lauter zu Wort kommen ... und lass dich überraschen, was das in dir und an deinem Selbstwertgefühl alles verändert!

Mehr dazu im Artikel "Selbstvertrauen - sich selbst vertrauen lernen (Teil 4)".

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