Seitensprung im Internet - Hilfe, mein Partner hat Cybersex!



Ein Thema, mit dem sich Paartherapeuten in den letzten Jahren zunehmend konfrontiert sehen, sind virtuelle Seitensprünge. „Emotional Cheating“ nennt man das in den USA, denn im Regelfall kommt es bei diesen Affären nicht zu einem tatsächlichen körperlichen Kontakt. Die sexuelle Interaktion spielt sich lediglich in den Köpfen der beiden Beteiligten ab: via Chat oder Email werden erotische Dialoge geführt und Fantasien ausgelebt, die konkret zwar meist nicht in die Tat umgesetzt werden, aber in puncto intensiver Gefühle und erotischer Spannung dem wirklichen Seitensprung in nichts nachstehen. Fliegt die Sache auf - etwa, weil der Partner oder die Partnerin einen in flagranti bei einem solchen virtuellen Fremdgehen erwischt oder auch abgespeicherte Nachrichten im Computer entdeckt - ist das Beziehungsdrama perfekt. Zahlreiche Untersuchungen zeigen mittlerweile, dass „emotional cheating“ bei den meisten Betrogenen fast die gleichen Gefühle auslöst wie ein echter Seitensprung: Zorn, Demütigung, Verletztheit und niedriges Selbstwertgefühl. In der Arbeit mit Klienten mache ich die gleiche Beobachtung. Vor allem Frauen fühlen sich extrem verunsichert, wenn sie entdecken, dass ihr Partner gedanklich mit anderen fremdgeht. Oft stoßen sie dann auf verständnisloses Kopfschütteln: „Stell dich nicht so an! Es ist doch gar nichts passiert!“ Wirklich?

Willst du dich und andere besser verstehen?

Dann mach meinen kostenlosen Persönlichkeitstest in nur 5 Minuten!


Mehr erfahren
Der US-Psychologe David Buss hat länderübergreifend zahlreiche Menschen befragt, was sie persönlich unglücklicher und eifersüchtiger machen würde: zu entdecken, dass sich der Partner/die Partnerin in eine andere Person verliebt und eine tiefe emotionale Bindung zu dieser aufbaut, oder zu entdecken, dass der Partner/die Partnerin Sex mit jemand anderem hatte. Die Reaktionen waren international vergleichbar und geschlechtsspezifisch: 60 % der Männer gaben an, dass die sexuelle Untreue ihrer Partnerin sie stärker verletzen würde als die emotionale, während 83 % der Frauen sagten, eine emotionale Bindung ihres Partners an eine andere Frau würde sie eifersüchtiger machen als eine rein sexuelle Beziehung. Buss überprüfte diese Antworten auch noch per Lügendetektor, um auszuschließen, dass die Probanden lediglich im Sinne der sozialen Erwünschtheit (also gängigen Klischees entsprechend) antworteten. Puls, Muskelspannung und Hautleitfähigkeit signalisierten dabei deutlich, dass die Männer tatsächlich vor allem bei der Vorstellung eines körperlichen Betrugs ihrer Partnerinnen unter Stress gerieten, die Frauen dagegen besonders beim Gedanken an eine Liebesbeziehung ihres Partners mit einer anderen.

Buss‘ Erklärung dafür ist evolutionsbiologischer Natur: Männer können sich naturgemäß ihrer Vaterschaft eines Kindes nie hundertprozentig sicher sein (anders als Frauen). Genetisch betrachtet aber ist es für einen Mann sozusagen der SuperGAU, ein Kuckuckskind untergeschoben zu bekommen - es bedeutet nämlich, dass er seine Ressourcen darauf verschwendet, das Kind eines Rivalen aufzuziehen und damit diesem zu ermöglichen, seine Gene weiterzugeben, statt in seine eigenen Gene zu investieren. Logisch also, dass Männern nichts so sehr Angst macht wie der Gedanke, die Partnerin könnte sich hinter ihrem Rücken mit einem anderen vergnügt haben. Eine rein emotionale Bindung ihrer Liebsten an einen anderen birgt dieses Risiko nicht und löst daher weniger Sorge in ihnen aus. Für Frauen dagegen ist es vor allem Besorgnis erregend, wenn der Partner sich in eine andere verliebt, weil unsere Vorfahrinnen unter Umständen mitsamt ihrem Nachwuchs sitzen gelassen wurden, wenn der Mann beschloss, seine Mammutschnitzel zukünftig lieber mit der netten Blonden aus der übernächsten Höhle und deren Kindern zu teilen. Und das konnte für Mutter und Kind(er) lebensbedrohlich werden. Kein Wunder also, wenn Frauen beim Gedanken an intensive Gefühle ihres Partner gegenüber einer anderen ins Nervenflattern geraten. Denn so groß ist die entwicklungsgeschichtliche Distanz, die uns von unseren Ahnen trennt, einfach noch nicht, auch wenn wir das gern glauben wollen.

Zum Geflüster der Gene kommt gerade bei Frauen in der Regel noch das Gefühl hinzu, mit der virtuellen Konkurrenz ohnehin nicht mithalten zu können. Fotos im Netz sind blitzschnell retuschiert und geschönt, und verbal kann man ohnehin alles behaupten, was man will - wie soll da eine Frau aus Fleisch, Blut und der ganz normalen Alltagscellulitis dagegen ankommen? Männer sprechen zudem stärker auf optische Reize an als Frauen; die Vielzahl der pornographischen Inhalte des Internets, die in erster Linie auf Männer zugeschnitten sind, geben ein beredtes Zeugnis davon. Entdeckt eine Frau, dass ihr Partner regelmäßig auf entsprechenden Seiten unterwegs ist und auch noch mit anderen Frauen erotische Mails tauscht, hat sie erst einmal den Eindruck, ihr Partner fände sie selbst nicht (mehr) attraktiv und „brauche“ daher „so was“. Schon ist das Selbstwertgefühl bei minus acht angekommen - nicht gerade die beste Basis für eine verständnisvolle Reaktion. „Bin ich ihm nicht mehr gut genug? Was will er von der anderen, was er bei mir nicht bekommt?“ Und last but not least bleibt natürlich immer die Angst, aus dem (bisher) rein virtuellen Geschehen könne Ernst werden. Wenn der Partner oder die Partnerin bereits in Gedanken mit einem anderen fremdgeht - wie weit ist dann der nächste Schritt, der Vollzug im wahren Leben, noch entfernt?

Zunehmend häufig landen Paare an diesem Punkt bei mir in der Beratung, meist auf Drängen des betrogenen Partners, der den Ertappten an seinem schlechten Gewissen packt und hinter sich her in die Praxis schleift. Meistens sind schon ziemlich heftige Szenen vorangegangen, da die wenigsten angesichts einer solchen Entdeckung gelassen reagieren - fliegende Tassen, knallende Türen und hysterische Tränenausbrüche sind sehr viel eher an der Tagesordnung. Derjenige, der erwischt wurde, geht dann oft genug nach dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“ zur Strategie „was hattest du überhaupt an meinem Computer / meinem Handy zu suchen?!“ über, was im Regelfall keine gute Deeskalationsmaßnahme ist ... Ganz wichtig ist es, nach dem Abklingen der ersten heftigen Gefühle entweder allein oder eben mit der Hilfe eines neutralen Dritten ein paar Fragen ehrlich miteinander zu besprechen, wenn man ein Interesse daran hat, die Beziehung zu retten. (Mehr zum Thema im Artikel "Beziehungskiller Seitensprung")

Wenn du der/diejenige bist, die den Partner beim virtuellen Seitensprung erwischt hat:
  • Sag deutlich, dass du dich verletzt / gekränkt / verunsichert / überrascht / geschockt bist, aber überschütte ihn nicht mit einer endlosen Tirade von Vorwürfen. Auch wenn es schwer fällt, bleib bei deinen Formulierungen in der Ich-Form („mir geht es ...“, „ich fühle mich ...), die weniger aggressiv wirkt und deinem Partner eher die Möglichkeit lässt, auf dich einzugehen, statt gleich auf Verteidigung zu schalten. Mach dir klar, dass es sich - bisher zumindest - um ein rein virtuelles Geschehen handelt, es sind nur Fantasien gewesen. (Und die haben wir doch alle mal, sie gehören zu einem guten Sexleben auch dazu! Oder willst du behaupten, dass du gedanklich noch nie Brad Pitt oder Jennifer Lopez ausgezogen hättest? Eben.) Lass deiner Panik also nicht die Zügel schießen - ihr habt jetzt eine gute Chance, etwas zu klären, was unbesprochen vielleicht später zu einem echten Seitensprung geführt hätte.

  • Frag deinen Partner, warum er den virtuellen Sex sucht. Es kann eine Menge Gründe dafür geben - reine Neugier (vielleicht hat ein Kumpel/ein Kollege mit seinen erotischen Abenteuern im Netz geprahlt und er wollte nur mal gucken, wie das so läuft) bis hin zu geheimen sexuellen Wünschen deines Partners/deiner Partnerin, über die ihr noch nie gesprochen habt. Allgemein stellen Paartherapeuten immer wieder fest, dass Paare viel zu wenig über ihr Sexualleben reden; viele empfehlen sogar, mindestens einmal im Monat einen festen Termin einzuplanen, in denen sich die Partner über ihre Wünsche, Sehnsüchte und aktuelle Zufriedenheit beim Sex austauschen. Ein heikles Thema - am Anfang einer Beziehung meint man, man müsse nicht darüber sprechen (es läuft ja), und später traut man sich dann nicht mehr aus Angst, den anderen zu kränken (weil einem irgendetwas nicht so zusagt) oder zu schockieren (weil man glaubt, er würde so reagieren, wenn er wüsste, was man gerne mal ausprobieren würde). Oder man hat einfach Angst vor einer Zurückweisung, so nach dem Motto „das würde meine Frau eh nicht wollen, da brauche ich gar nicht zu fragen.“ Also bleibt es beim kleinsten gemeinsamen Nenner, auf den man sich vor Urzeiten mal stillschweigend geeinigt hat ... und der wird, das muss man einfach ehrlich und drastisch sagen, früher oder später eben langweilig. Nutz also die Gelegenheit, sowohl deinen Partner nach den Seiten und Fantasien von ihm zu fragen, die er da nur im Netz glaubte ausleben zu können, trau dich aber im Gegenzug ruhig auch, von deinen eigenen zu erzählen! Vielleicht wird die Situation dann zu einer ganz neuen Ausgangsbasis für euer Sexualleben, weil er/sie dann mit dir das wirklich auslebt, was er/sie im Internet nur mental ausprobiert hat. Frag ihn/sie auch, warum er oder sie mit den Fantasie nicht gleich zu dir gekommen ist - oft stellt sich dann heraus, dass der andere dachte, er kann dir das nicht „zumuten“ oder er hat sich einfach geschämt, einen solchen Wunsch von sich zu offenbaren.


  • Wenn du der/diejenige bist, der beim virtuellen Seitensprung erwischt wurde:
    • Klar, wenn er/sie in deinem Handy herumgeschnüffelt oder gar dein Computerpasswort geknackt hat, war das nicht in Ordnung - aber das ist ein anderes Thema und sollte auch ein anderes Mal in Ruhe geklärt werden. Verzichte also jetzt und hier darauf, diesen Vorwurf als Retourkutsche einzusetzen und signalisiere lieber Verständnis dafür, dass dein/e Partner/in gerade sehr gekränkt und verletzt ist. (Wenn dir nicht insgeheim klar gewesen wäre, dass das so sein würde, dann hättest du ja auch ganz offen erzählen können, was du da im Netz so treibst - du hattest ja wohl deine guten Gründe dafür, das hinter seinem/ihren Rücken zu tun, oder?)

    • Versuche, seine/ihre Fragen nach dem „warum“ so ehrlich wie möglich zu beantworten, auch wenn es dir schwer fällt. Wenn ihr eine Chance auf einen Neuanfang haben wollt, dann gehört es dazu, dass sie/er versteht, was dich zum virtuellen Seitensprung veranlasst hat und was er/sie tun kann, damit du damit aufhören kannst. Wäre es nicht auch für dich viel schöner, in der Praxis mit deinem/r Partner/in das auszuleben, wovon du bisher nur geträumt hast? Trau dich, offen über deine Wünsche zu reden - sie/er ist erwachsen und kann immer noch nein sagen, aber wenn du nichts riskierst, kannst du auch nichts gewinnen! Vielleicht wirst du sogar überrascht feststellen, dass er/sie ähnliche unerfüllte Wünsche hat und gerne bereit ist, mal was Neues auszuprobieren. Reden, reden, reden ist jetzt das Wichtigste!

    • Hast du das Gefühl, hinter deinem virtuellen Seitensprung steckt mehr als nur ein wenig sexuelle Langeweile und Neugier auf das Verbotene, dann sprich auch das offen an. Selbstverständlich können sich hinter der Affäre im Kopf ebenso wie hinter einem realen Dreiecksverhältnis auch ganz handfeste Beziehungsprobleme verbergen - offene Rechnungen miteinander, Revanche für frühere Verletzungen, unausgewogene Machtverhältnisse, unterdrückte Anteile ... die Liste ist nahezu endlos. Wenn du meinst, bei dir geht es eher um etwas in dieser Richtung und in eurer Beziehung läge grundsätzlich etwas im Argen, dann musst du für dich jetzt eine Entscheidung treffen: Gibst du euch noch eine Chance zur Veränderung und zum Neuanfang (dann solltet ihr auch überlegen, ob ihr das alleine schafft oder euch Unterstützung dabei holen wollt), oder hat das in deinen Augen ohnehin keinen Sinn mehr? Und wenn letzteres der Fall ist und du innerlich ohnehin schon ausgezogen bist, dann wäre es nur fair, die Karten jetzt auf den Tisch zu legen. Vielleicht wolltest du dich ja auch erwischen lassen, um einen Anlass dafür zu haben? In jedem Fall ist jetzt Ehrlichkeit angesagt - und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen.

    Übrigens habe ich es auch schon erlebt, dass ein Paar es geschafft hat, die Sache mit dem virtuellen Sex in ihre Beziehung zu integrieren. Statt weiterhin in anonymen Sexforen herumzuflirten, begann er, seiner Partnerin erotische Mails zu schicken, die von ihr auch entsprechend beantwortet wurden. Hätte man die beiden im Alltag erlebt, wäre man nie auf die Idee gekommen, was da per Mausklick zwischen den beiden so alles abging, so brav und bieder wirkten sie nach außen! Die Distanz und das doch irgendwie losgelöste Setting vor dem Computer ermöglichten es ihnen aber, sich gegenseitig Dinge zu sagen und Wünsche zu äußern, die sie Auge in Auge vorher noch nie über die Lippen gebracht hatten. Das Gespräch über die Sexualität fand also in dieser Form statt - kamen sie abends nach Hause, war die Bühne also sozusagen schon vorbereitet. Mails und Chat wurden in gewisser Weise bei ihnen zu einem festen Bestandteil des Vorspiels, könnte man vielleicht sagen. Rückblickend erklärten sie beide lachend, dass das Ganze ihrem Sexleben eine ganz neue Wendung gegeben hätte. Vielleicht auch eine Idee für dich und deine/n Partner/in? Probiert es doch einfach mal aus, wenn es euch anspricht!

    Übrigens: mit meinem kostenlosen Beziehungstest kannst du herausfinden wer zu dir passt und wie du auch langfristig eine glückliche Beziehung führen kannst!

    Möchtest du mehr erfahren?

    Dann mach doch unseren kostenlosen Persönlichkeitstest. Dauert keine 5 Minuten! Du erhältst sofort ein fundiertes Persönlichkeitsprofil. Für jeden Persönlichkeitstyp stehen maßgeschneiderte Ratgeber zu Themen wie Beruf und Partnerschaft zur Verfügung. Du kannst diese Ratgeber sofort auf deinen Rechner herunterladen. Starte mit dem Test!

    Ähnliche Artikel der Diplom-Psychologin Felicitas Heyne: