Kleine Geheimnisse erhalten die Partnerschaft



"Wir haben keine Geheimnisse voreinander!" - "In einer guten Beziehung erzählt man dem anderen alles von sich." Solche und ähnliche Sätze hört man gerne von manchen Paaren. Und im ersten Augenblick denkt man vielleicht auch: Toll, wenn in einer Beziehung so viel Offenheit und Ehrlichkeit vorhanden ist! Vorsicht: Psychologen und Paartherapeuten kommen mehr und mehr zu dem Schluss, dass es gar nicht so gut ist, wenn Partner alles voneinander wissen. Ein bisschen Geheimnis sollte sich jeder bewahren. Aber welche Geheimnisse sind konstruktiv und tun der Beziehung gut - und welche wirken sich destruktiv aus und gefährden die Liebe?

Die Fähigkeit, ein Geheimnis für uns zu bewahren, entwickelt sich erst im Laufe unseres Lebens. Kleine Kinder bis etwa fünf Jahre sind dazu noch kaum in der Lage. Daher auch der bekannte Spruch: "Kindermund tut Wahrheit kund!" - für Eltern manchmal eine ganz schön peinliche Situation. Meist ab etwa dem fünften Lebensjahr beginnen Kinder sich als eigenständige Wesen  zu begreifen. Sie erzählen nicht mehr alles, was ihnen so durch den Kopf geht und hüten die ersten kleinen Geheimnisse vor Eltern und Geschwistern - etwa ein besonderes Versteck für das Lieblingsspielzeug. Für Erwachsene können Geheimnisse, die sie mit niemandem teilen, gleich mehrere Funktionen erfüllen. Zum einen schaffen sie einen gewissen Freiraum, der dazu da ist, die Autonomie der eigenen Person zu wahren und sich als eigenständigen Menschen zu erleben. Sie sind damit ein wichtiger Teil unserer Identität. Daniel Wegner, Professor für Psychologie an der Harvard-Universität meint sogar: "Man hat kein eigenes Selbst, solange man kein Geheimnis hat. Wir alle kennen Momente in unserem Leben, wo wir das Gefühl haben, uns selbst in einer sozialen Gruppe, der Arbeit oder einer Ehe zu verlieren. In diesen Situationen ist es gut, wenn man auf ein Geheimnis zurückgreifen kann, um sich seiner Eigenständigkeit und Unabhängigkeit zu versichern."

Natürlich gibt es auch Dinge, die man aus Angst vor Unverständnis oder Ablehnung niemandem erzählt. Und manchmal geht es einem auch darum, jemand anderen nicht  unnötig zu verletzen. In diesem Zusammenhang, schreibt z. B. der Autor Michael Mary, können Geheimnisse auch Ausdruck gegenseitiger Rücksichtnahme und Schonung sein. Und nicht zuletzt sind Geheimnisse voreinander das "Salz in der Suppe" einer Partnerschaft. "Paare, die keine Geheimnisse voreinander haben, kommen häufig zur Therapie, weil ihre Beziehung langweilig und trist geworden ist", sagt die Paartherapeutin Evan Imber-Black. Das kann sich in der stets geöffneten Badezimmer-/Toilettentür ausdrücken, meint aber auch z. B. fehlenden Raum für eigene Träume und Wünsche, keine abschließbare Schublade für mich oder kein Recht auf ungeteilte Erinnerungen, z. B. Briefe, Tagebücher oder Notizen.

Respekt vor den Geheimnissen und der Eigenständigkeit des Partners ist also ein wichtiger Bestandteil gerade in langfristigen und engen Beziehungen. Trotzdem gibt es selbstverständlich auch Geheimnisse, die der Beziehung schaden können. Michael Mary nennt hier vor allem die Situationen, in denen das Geheimnis Distanz schafft  und dem Partner die Möglichkeit nimmt, etwas an seinem Verhalten zu ändern - wenn man beispielsweise nur der besten Freundin vorjammert, wie unzufrieden man mit dem gemeinsamen Sexleben ist. Gefährlich ist es auch, schlimme Erfahrungen für sich zu behalten und Gefühle zu verdrängen. Wenn der Ehemann nicht weiß, dass seine Frau als Kind sexuellen Missbrauch erlitten hat und gelegentlich heute  noch mit den Folgen zu kämpfen hat - wie soll er dann einfühlsam und unterstützend reagieren, wenn es notwendig ist? Destruktiv wirken oft so genannte "totale" Geheimnisse - wenn mein Partner etwa überhaupt nicht weiß, dass ich Tagebuch führe.  Meist sind sie ein Signal für Misstrauen zwischen den Partnern. Wenn ich mich dagegen darauf verlassen kann, dass der andere meinen Freiraum respektiert  und niemals in meinen  Aufzeichnungen lesen würde, darf er auch von dem Tagebuch wissen. Damit handelt es sich nur noch um ein "relatives" Geheimnis - und die sind der Beziehung in aller Regel sehr förderlich.

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