Ich sage was, was du nicht hörst ... oder umgekehrt!



So, wie es unterschiedliche Persönlichkeitstypen gibt, gibt es natürlich auch unterschiedliche Kommunikationsstile. Ein extrovertierter Mensch erzählt viel und leicht von sich, schließt schnell Kontakte und hat in der Regel auch kein Problem, viele Informationen aufzunehmen. Ein introvertierter Mensch dagegen ist zurückhaltender, gibt wenig von sich preis und zieht sich eher zurück, wenn ihm die Außenreize zu viel werden. Im Laufe der Zeit werden wir uns hier im Blog nach und nach mit den kommunikativen Besonderheiten der einzelnen Typen auseinandersetzen. Dahinter stecken zwei Ziele: Erstens kann es hilfreich sein, zu erkennen, wie jemand bevorzugt kommuniziert - dann kann man sich selbst auf dessen jeweilige Art einstellen und hat eine größere Chance auf einen guten Austausch. Zweitens ist es natürlich auch interessant, die eigenen Stärken und Schwächen in der Kommunikation mal zu hinterfragen - und eventuell ein bisschen daran zu feilen, um die eigenen Ziele im Alltag besser zu erreichen und im Umgang mit anderen souveräner zu werden.

Bevor wir in spezielle Kommunikationsstile einzelner Typen einsteigen, möchte ich heute so eine Art "Grundmodell" der Kommunikation vorstellen, das uns dabei helfen wird. Entwickelt wurde es von Friedemann Schulz von Thun. In dem Modell zerlegt er jede Aussage innerhalb eines Dialogs zweier Personen in vier Aspekte:
  • den Sachinhalt (die reine Information, die in der Aussage steckt)

  • die Selbstoffenbarung (das, was an Information über mich als Sender der Nachricht in der Aussage zu finden ist)

  • den Beziehungsaspekt (wie ich als Sender der Nachricht über dich - den Empfänger - als Person und unsere Beziehung zueinander denke)

  • den Appell (wie ich als Sender der Nachricht den Empfänger zu beeinflussen versuche)

Zu kompliziert? Gar nicht! Hier ist ein Beispiel, dann wird schnell klar, was gemeint ist:

Ein Mann (auf dem Beifahrersitz des Autos) sagt zu seiner Frau (am Steuer): "Du, da vorne ist grün!"

Der Sachinhalt der Botschaft ist klar: Irgendwo weiter vorne ist offenbar eine grüne Ampel in Sicht gekommen. Dieser Teil der Nachricht ist (meist) ziemlich eindeutig.

Die Selbstoffenbarung, also das, was der Mann über sich selbst ausdrückt, wenn er diesen Satz sagt, könnte z. B. sein: "Ich habe es eilig!" oder auch "Ich habe die Verkehrslage immer im Blick, auch vom Beifahrersitz aus!"

Der Beziehungsaspekt wird uns in künftigen Blog-Beiträgen noch öfter beschäftigen, denn er ist oft derjenige, der zum Krach zwischen den Beteiligten führt. Mögliche Interpretationen dafür wären z. B.: "Ich bin der bessere Autofahrer!" - "Ich bin dein Mann und sage dir, was wichtig ist!" - "Du brauchst meine Hilfestellung beim Autofahren!" "Ich passe auf dich auf und sorge für dich mit!" oder ... oder .. oder. Das hängt ganz von der Beziehung der beiden Personen zueinander ab, klar. Entsprechend unterschiedlich wird sich der oder die Empfängerin der Nachricht behandelt fühlen - zwischen "liebevoll umsorgt" und "unerträglich gegängelt" ist hier so ziemlich alles drin.

Der Appell, der in der Nachricht steckt, könnte als: "Gib Gas!" - oder "Fahr schneller!" gedeutet werden.

Diese vier Seiten einer Nachricht, meint nun Schulz von Thun, lassen sich bei genauem Hinsehen in fast allen Botschaften finden, die wir Menschen miteinander austauschen. Und wie wir in nahezu allen Bereichen unseres Lebens Vorlieben und Abneigungen haben, so haben wir sie auch im Bereich der Kommunikation: Manche Menschen hören besonders gut auf einem der "vier Ohren", die wir brauchen, um die unterschiedlichen Aspekte zu erfassen. Jemand, der vor allem mit dem "Sachohr" hört, wird sich vor allem bemühen, die übermittelten Fakten zu verstehen. Die "Zwischentöne" treten für ihn dann eher in den Hintergrund. Wer eher mit dem "Selbstoffenbarungsohr" hört, wird sich vor allem auf sein Gegenüber, den Sender konzentrieren: Was ist das für einer, wie geht es ihm? "Beziehungsohr"-Spezialisten dagegen sind sehr darauf geeicht, hinter jeder Aussage Informationen darüber zu entdecken, was der andere über sie denkt, wie er mit ihnen umgeht und was das über das gegenseitige Verhältnis zueinander aussagt. "Appellohr"-Hörer schließlich fragen sich bei jeder Mitteilung: Was bedeutet das für mein Denken, Fühlen und Verhalten? Was möchte der andere von mir? Was soll ich tun?

Vielleicht kannst du dir jetzt schon ein bisschen vorstellen, dass es aufgrund dieser unterschiedlichen Präferenzen zu wahrhaft babylonischer Kommunikationsverwirrung kommen kann, die nicht selten in Missverständnissen, Aneinander-Vorbeireden oder schlimmer noch in richtigen Streitereien endet. Wenn z. B. einer hauptsächlich auf der "Sachebene" sendet - und dann nur mitteilen will: "Die Suppe ist versalzen!", der andere aber ein besonders gut ausgebildetes "Beziehungsohr" hat, vielleicht noch ziemlich kritikempfindlich ist und daher hört: "Du kochst einfach zu schlecht für meinen Geschmack!", dann ist die Auseinandersetzung natürlich vorprogrammiert. Und mit "So habe ich das doch gar nicht gemeint!" kann man meist nicht mehr allzuviel retten ...

Als ersten Schritt zur Erforschung deines ganz persönlichen Kommunikationsstils schlage ich dir vor, dass du dich mal jeweils einen Tag lang nur ganz bewusst jeweils auf eines deiner vier "Ohren" konzentrierst und die anderen Aspekte gezielt ausblendest. Beobachte dabei ganz genau, wie das deine Reaktionen auf das, was andere zu dir sagen, beeinflusst. Gibt es ein "Ohr", bei dem es dir leichter fällt, zuzuhören? Ein anderes, das dich zu benutzen ziemliche Anstrengung kostet? Was für einen Effekt hat dein selektives Zuhören auf die Gespräche, die du an den jeweiligen Tagen führst? Ist dir der jeweilige Effekt eher angenehm oder eher unangenehm? Und welche Reaktionen beobachtest du an deinen Gesprächspartnern?

Fortsetzung folgt - viel Spaß erst mal beim Experimentieren!

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