Dreizehn Tipps für gestresste Mütter
24.01.14 von Diplom-Psychologin Felicitas Heyne | Abgelegt in: Frauen
Kürzlich wurde ich von einer Klientin gefragt, ob ich nicht mal mit ihr gemeinsam ein paar gute Ideen entwickeln könnte, wie sie selbst mit typischen Alltags-Stress-Situationen mit ihren (in diesem Fall zwei und sechs Jahre alten) beiden Kindern vielleicht mal anders als normalerweise (= unter Druck geraten, schlechte Laune bekommen, brüllen, an den eigenen Fähigkeiten zum Muttersein zweifeln, über Freigabe der Blagen zur Adoption nachdenken ...) reagieren könne. Da solche und ähnliche Fragen in Familientherapien natürlich immer ein Dauerthema sind, dachte ich mir, es könnte sich lohnen, das Ergebnis unserer gemeinsamen Arbeit mal in Schriftform zu bringen und hier zu veröffentlichen. Vielleicht findest du, falls du ebenfalls Mutter (oder Vater!) bist, darunter ja auch die eine oder andere Anregung für dich selbst:
Idee Nr. 1
Versuche in der nächsten schwierigen Situation mit deinem Kind (das Beispiel meiner Klientin dafür war: der Zweijährige brüllt an der Supermarktkasse wie am Spieß, weil er den Lolli nicht kriegt, wirft sich längelang auf den Boden und alle anderen Anwesenden schauen sie - vermeintlich - vorwurfsvoll an) diese Situation erst einmal so, wie sie ist zu akzeptieren. Das bedeutet: hacke in dieser Situation bitte nicht noch innerlich auf dir selbst herum mit Gedanken wie: „Jeder hat sein Kind im Griff, nur ich nicht!“ - „Gott, ist das peinlich, was denken nur die Leute über mich!“ - „Ich bin eine total unfähige Mutter!“Sei stattdessen nett zu dir selbst - Selbstmitgefühl ist das hier passende Stichwort (das ist etwas ganz anderes als Selbstmitleid) und sag dir innerlich Dinge wie: „So sind Kinder halt, der beruhigt sich auch gleich wieder.“ - „Tja, das haben die hier jetzt davon, dass sie die Süßigkeiten in Kinder-Griffhöhe direkt vor der Kasse platzieren, schadet denen gar nicht!“ Diese liebevolle Haltung sich selbst gegenüber kann man übrigens sehr gut trainieren, indem man sich in schwierigen Situationen öfter mal fragt: „Wenn das, was mir hier gerade passiert, meiner besten Freundin passieren würde, was würde ich zu ihr sagen / wie würde ich mit ihr umgehen?“
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Idee Nr. 2
Frag dich in einem Moment, in dem du am liebsten an die Decke gehen würdest, weil dein Kind sich einfach nicht so verhält, wie du es eigentlich von ihm willst/erwartest: „Angenommen, er/sie macht das jetzt gerade nicht aus Trotz oder weil er/sie mich ärgern will - was für eine positive oder zumindest weniger negative Interpretation könnte ich für das Verhalten meines Kindes jetzt finden?“ Das Beispiel, das meine Klientin dafür fand, betraf ihre Sechsjährige: Die neigt nämlich, wenn sie am Spielen oder sonst wie beschäftigt ist, gern mal dazu, auch den dritten Ruf zum Essen einfach zu ignorieren, was meine Klientin bis dahin meist als Trotz oder Gleichgültigkeit ihr und der Familie gegenüber wahrgenommen hatte. Nach einigem Überlegen meinte sie dann: „Wahrscheinlich hört sie mich in solchen Situationen wirklich nicht, weil sie so in ihr Spiel versunken ist. Sie hat also - positiv gesehen - vielleicht einfach eine hohe Konzentrationsfähigkeit und eine besonders lebhafte Fantasie! Was beides ja eigentlich was Schönes ist!“Der wichtige Punkt dabei ist, zu erkennen, dass das vermeintlich „ungehorsame“ Verhalten eines Kindes in so einer Situation in aller Regel überhaupt nicht zum Zweck hat, mich zu ärgern, sondern ganz anders motiviert ist. Damit verpufft nämlich der Großteil des Zorns, den man als Mutter oder Vater bei diesen Anlässen in sich aufwallen spürt, und das macht es dann viel leichter, mit der Situation gut umzugehen.
Idee Nr. 3
„Deine Kinder sind nicht deine Kinder ...“ schreibt Khalil Gibran - aber natürlich sind sie es im ganz praktischen Sinne sehr wohl, und deswegen haben sie auch jede Menge von dir geerbt, auch wenn das nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen sein mag. Das kannst du dir in schwierigen Situationen mit ihnen vielleicht zunutze machen: Denk einfach mal an dich selbst zurück in dem Alter. Hast du dich vielleicht in manchen Situationen auch mal ähnlich „schwierig“ verhalten, wie dein Kind hier und jetzt? Wenn ja, dann überlege dir: Was hättest du in einer solchen Situation gebraucht, um dich (wieder) anders verhalten zu können? Probiere dann aus, ob genau das deinem Kind hier und heute auch vielleicht helfen würde!Das Beispiel, das meine Klientin dafür fand, betraf ebenfalls ihre Sechsjährige. Die ist nämlich vergangenen Herbst frisch eingeschult worden und die Hausaufgaben sind jetzt schon oft ein Kampf (vor allem, wenn es sich um Sachen wie Buchstaben abmalen handelt). Nach einigem Nachdenken kam sie drauf, dass sie selbst als Kind auch regelmäßig gegen wiederholungsintensive Aufgaben (z. B. Fingerübungen am Klavier) rebelliert hatte - einfach weil sie sich dabei zu Tode langweilte. Und von diesem Punkt ausgehend („meine Tochter findet die Aufgabe langweilig“ statt „meine Tochter ist faul und will ihre Hausaufgaben nicht machen“) konnte sie dann ganz leicht Ideen entwickeln, wie sie solche Aufgaben für das Kind ein bisschen weniger langweilig gestalten konnte (z. B. indem sie sie zwischen verschiedenen Übungen abwechseln ließ oder sie ermunterte, mit verschiedenfarbigen Stiften zu schreiben etc.)
Idee Nr. 4
Das ist eigentlich ein Klassiker, den viele Familien sehr erfolgreich als Unterbrechertechnik in kritischen Situationen nutzen und der ab einem Alter von drei Jahren schon gut funktioniert: die gelbe und die rote Karte. Die gelbe Karte signalisiert - ganz wie beim Fußball -: „Das war nicht okay, was du da gemacht hast, reiß dich zusammen!“, die rote Karte: „Klarer Regelverstoß - nicht akzeptabel!“ Natürlich muss man vorher genau erklären und festlegen, was genau als Konsequenz bei einer roten Karte folgt (und das passend für die familiäre Situation und entsprechend des Alters des Kindes), aber auch das ist ja nicht anders als im Fußball. Wem die gelbe und rote Karte nicht gefallen, der kann auch gemeinsam mit den Kindern eine Ampel von grün bis rot gestalten und aufhängen, auf der man dann z.B. mit Wäscheklammern Markierungen anbringen kann. Oder man nutzt Smileys .. oder ... oder ... oder ... Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt, und je persönlicher dieses „Familienwarnsystem“ gestaltet ist, desto wirkungsvoller tut es meiner Erfahrung nach seinen Dienst in kritischen Situationen und sorgt dafür, dass die Dinge sich gar nicht erst so hochschaukeln. (Aber Achtung: Bitte nicht inflationär nutzen - wenn man wegen jeder Kleinigkeit gleich die gelbe oder gar rote Karte verteilt, verliert das Ganze schnell an Effekt!)Idee Nr. 5
Eine ebenso banale wie wichtige Erkenntnis meiner Klientin in unserem Gespräch war etwas, was meiner Erfahrung nach praktisch jede Mutter kennt: Ist man selbst müde, genervt und gestresst, reagiert man auf kritische Situationen mit dem Kind vollkommen anders (und in der Regel nicht unbedingt souveräner!), als wenn man ausgeschlafen, entspannt und mit Kraftreserven in dieselbe Situation gerät. Idee Nr. 5 lautet deshalb: Bitte achte - auch und gerade als Mutter!! - konsequent darauf, dass deine eigenen Batterien möglichst nie so leer sind, dass du bei Stress dann gar nicht mehr anders kannst als auszuflippen! Was bedeutet: Verschaff dir von Anfang an regelmäßige Auszeiten von Kind(ern) und Haushalt (und wenn es nur eine halbe Stunde zwischendurch ist!). Zieh dafür rigoros alles an Hilfe von anderen Menschen heran, was irgendwie machbar ist (ja, auch bezahlte Babysitter, das ist gut angelegtes Geld, glaub mir!). Nutze die freie Zeit dann wirklich für dich selbst, und zwar ganz ohne schlechtes Gewissen: für Hobbies, Entspannungsübungen, Lesen, Tagträumen, Sport treiben (siehe auch nächster Punkt) .. was immer dir Freude macht!Idee Nr. 6
... hat viel mit Idee Nr. 5 zu tun und besagt: Bau dir auf jeden Fall auch die Möglichkeit zum körperlichen Dampfablassen als festen Bestandteil in deine Woche ein, falls du das noch nicht getan hast! Das kann eine Boxstunde sein, Joggingzeit, Tanzsporttraining ... egal was. Stresshormone werden bei körperlicher Bewegung und Anstrengung am besten abgebaut, und gleichzeitig werden Endorphine (= Glückshormone) freigesetzt und das Selbstwertgefühl nebenbei gleich noch mit aufgebaut. Das sind beste Voraussetzungen dafür, dass du am nächsten Tag viel entspannter bist und dich nicht so leicht aus der Ruhe bringen lässt!Idee Nr. 7
Ebenfalls wichtig für deine regelmäßig seelische Entlastung: Fang an zu schreiben über das, was dich jeden Tag beschäftigt, belastet, ärgert (Tagebuch, Geschichten, Blog ...)! Sich Dinge von der Seele zu schreiben, wirkt oft Wunder, das wurde in vielen Studien nachgewiesen. Außerdem hilft es einem, manches distanzierter und deshalb besser zu beurteilen. Es gibt auch spezielle Internetforen für Mütter, wo man mal „abladen“ und sich von anderen in der gleichen Situation trösten lassen kann. Auf Facebook zum Beispiel explodieren entsprechende Gruppen gerade richtiggehend, weil die Nachfrage danach so groß ist: http://tt.bernerzeitung.ch/region/bern/Facebook-Wo-Berner-Muetter-Dampf-ablassen/story/21754508 Manchen Müttern hilft auch malen, kritzeln oder anderes künstlerisches Gestalten der Wut noch besser dabei, sie loszuwerden. Finde deine eigene Ausdrucksform!Idee Nr. 8
... hat mit Idee Nr. 7 zu tun: Schimpf ab und zu drauf los wie ein Rohrspatz (und zwar ohne deine eingebaute Zensorin im Hinterkopf, die dir dauernd erzählt, dass man an Kindern nur Freude haben darf und Muttersein das Allerschönste für jede Frau ist). Aber mach das nicht den Kindern gegenüber, sondern am besten bei deiner besten Freundin, im Zweifel auch bei einer Therapeutin, oder eben in einem der in Idee Nr. 7 erwähnten Mütter-Foren im Internet.Idee Nr. 9
Stammt aus der Ecke der „paradoxen Interventionen“ und ist mir eine der liebsten, weil sie so gut funktioniert: Am Abend eines so richtig blöden Tages, an dem dich deine Herzchen mal wieder mehrfach an den Rand eines Nervenzusammenbruchs getrieben haben, stell dich vor den Spiegel und halte einen dramatischen Monolog! (Du kannst das auch gern mit deinem Partner zusammen machen.) Steigere dich dabei in deine Wut auf diese unmöglichen Gören, die du da in einem schwachen Moment unvorsichtigerweise in die Welt gesetzt hast, mal so richtig rein. Hau ordentlich auf den Putz und übertreibe in deinen Klagen nach Kräften: „Ich habe das schrecklichste Kind der ganzen Welt und das schlimmste Leben weit und breit!“Vermutlich ist dir schon klar, was der Effekt sein wird: Mit so einem Monolog kommt in der Regel niemand wirklich weit, ohne einen Lachanfall über sich selbst und das eigene Pathos zu bekommen, und das entspannt dann super!
Idee Nr. 10
Versuche immer wieder mal bewusst, die lustige Seite der jeweiligen schwierigen Situation zu entdecken (gern auch im Nachhinein, wenn es im Hier und Jetzt einfach nicht klappen will). Das kann man ganz gut üben, indem man gelegentich lustige Filme oder Bücher zum Thema Familie konsumiert, in denen die alltäglichen Kleinkatastrophen mit Kindern humorvoll beschrieben werden (mir fällt da immer noch als erstes Erma Bombeck ein, die leider schon verstorben ist, aber auch Evelyn Sanders oder Ephraim Kishon, Susanne Fröhlich, Willi Breinholst ... je nach Gusto). Auch gut: sich einen lustigen Tageskalender mit Cartoons zum Thema Familie besorgen (z. B. „Familienbande“, „BabyBlues“ ...), der einen immer wieder an die unfreiwillige Komik des Alltagschaos erinnert. Humor ist eine wunderbare Methode, sich vom unmittelbaren Geschehen ein Stück weit zu distanzieren und damit einen gelasseneren Standpunkt entwickeln zu können.Idee Nr. 11
Mein absoluter Favorit (ich habe das selbst schon ein paar Mal in Familientherapien quasi modellhaft gemacht und der Erfolg war jedes Mal durchschlagend!): Reagiere einmal in einer Situation, die dich ärgert, absolut krass und so, wie das Kind es überhaupt nicht erwartet. Meine Klientin hat dieses Experiment noch vor sich, (ich freue mich schon diebisch auf den Bericht danach!), hat sich aber z. B. schon mal vorab überlegt, dass sie sich bei nächster Gelegenheit ja mal direkt neben den im höchsten Diskant brüllenden Zweijährigen im Supermarkt neben der Kassenschlange auf den Boden legen und ebenfalls losjaulen könnte: „Ich will ahahahahahuch einen Lolli!!!!!“ Was auch immer sehr wirkungsvoll ist: fang das nächste Mal, wenn dein Kind dir total auf den Wecker geht, plötzlich lauthals zu singen an (am besten: „You are the sunshine of my life!“) und tanze um es herum.Es ist eigentlich egal, was du tust - wichtig ist nur: einfach mal komplett aus der Rolle fallen und das absolut Unerwartete tun. Zugegeben, das erfordert auch etwas Mut, und wahrscheinlich erntet man außerhalb der eigenen vier Wände etwas verstörte Blicke von Umstehenden, aber erstens kann so was richtig Spaß machen (ehrlich!!) und zweitens verblüfft man damit das Kind nachhaltig und entzerrt die Situation sofort. (Natürlich kann man auch das nicht dauernd machen, aber das bietet sich auch gar nicht an - allein die Erinnerung an diese Erfahrung reicht in späteren Situationen in der Regel völlig, um sowohl Kind als auch Mutter anders „ticken“ zu lassen.)
Idee Nr. 12
Falls du noch keines hast: Leg dir ein gut verständliches Buch zum Thema alterstypisches Verhalten von Kindern zu! Die Lektüre verhindert, dass du erwartest, Kinder würden genauso wie Erwachsene denken, ticken und „funktionieren“, das können sie nämlich gar nicht, schon rein biologisch und neurologisch nicht. Es ist also sinnlos, das von ihnen zu erwarten, und macht allen Beteiligten nur unnötig das Leben schwer. Auf spanisch sagt man: „No le pidas peras al olmo“, was übersetzt ungefähr heißt: „Von einer Ulme kann man keine Birnen erwarten“ Sehr empfehlenswerte Bücher zu diesem Thema sind z. B. „Oje, ich wachse!“, „Unser Kind Jahr für Jahr“ und „Wenn Eltern die Wut packt“. Sie helfen dir dabei, ganz automatisch einen anderen Blick auf scheinbar „böse“ oder „egoistische“ Verhaltensweisen deiner Kinder zu entwickeln - und dich damit auch weit weniger darüber aufzuregen.Idee Nr. 13
Besteht eigentlich nur aus einem einzigen Satz, aber den sollten alle Eltern dieser Welt, wie ich finde, in einem goldenen Rahmen im Kinderzimmer aufhängen, damit sie ihn nie vergessen: „Liebe mich am meisten, wenn ich es am wenigsten verdiene, denn dann habe ich es am nötigsten!“Stimmt übrigens meiner Erfahrung nach meist durchaus auch für erwachsene Menschen ....
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