Kein Forum für die Magersucht



Vor einiger Zeit hatte ich an dieser Stelle bereits darüber berichtet, dass Spanien dem Schlankheitswahn in der Mode den Kampf angesagt hatte und zu dünne Models dort nicht mehr auf die Laufstege dürfen. Jetzt haben die Iberer zusätzlich zu dieser ohnehin schon begrüßenswerten Maßnahme noch einen drauf gesetzt und sich zu einer ziemlich mutigen Zensur-Aktion im Internet entschlossen. Im Netz der Netze gibt es nämlich etliche hundert Websiten, die Magersucht als erstrebenswertes Ziel und speziellen Lebensstil verherrlichen. Und ein erheblicher Teil davon meint das keineswegs ironisch oder scherzhaft (was angesichts der Todesrate unter Magersüchtigen ohnehin geschmacklos genug wäre!), sondern völlig ernst. Pro-Ana- oder Pro-Mia-Seiten nennen sich solche Foren gerne: „Ana“ als Kosewort für Anorexie, also Magersucht; „Mia“ für Bulimie, also Fress-Brech-Sucht.

Dort treffen sich junge Mädchen und Frauen und berichten in ihren Online-Tagebüchern darüber, was sie am jeweiligen Tag gegessen und getrunken haben (möglichst nichts, versteht sich), veranstalten Wettbewerbe im Hungern (wer die wenigsten Kalorien pro Tag zu sich nimmt, bekommt die meisten Punkte) und tauschen sich über die „effektivsten unterstützenden Maßnahmen“ aus: Schlankheitspillen, exzessiver Sport, Abführmittelmissbrauch und dergleichen. Es werden Tipps weitergegeben, wie man beispielsweise das Erbrechen nach den Mahlzeiten so unauffällig gestalten kann, dass Eltern und Umwelt möglichst nichts davon bemerken. Daneben gibt es Fotos von Model-Vorbildern oder Prominenten zu bewundern, die bis auf die Knochen abgemagert sind - sozusagen die ultimative Messlatte, genannt „Thinspiration“. Und da die Sache nun mal gelegentlich ins Auge geht, existieren mancherorts sogar virtuelle Friedhöfe für diejenigen Forums-Mitglieder, die im Kampf gegen den Dauerfeind Nahrung gefallen sind, sprich: sich zu Tode gehungert haben.

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Die spanische Regierung hat solche Seiten jetzt als „ernsthaftes Gesundheitsrisiko für junge Leute“ bezeichnet und gegen eine ganze Reihe von ihnen eine Sperrverfügung verhängt. Natürlich ist diese Maßnahme nicht unumstritten - schließlich verschafft sie den so genannten „Pro-Ana-Seiten“ auch so einiges an Publicity. Trotzdem ein deutliches Signal in die richtige Richtung, finde ich. Gerade für junge Mädchen, die nach Orientierung suchen, die sich vielleicht einsam und unverstanden fühlen und sich nach der Zugehörigkeit zu einer Gruppe Gleichgesinnter sehnen, stellen solche Websites eine nicht zu unterschätzende Gefahr dar. Es kann sich eine Art verschworener Gemeinschaft bilden und unter Umständen sogar noch zusätzlicher Gruppendruck entstehen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Essgestörte Hilfe und Unterstützung von außerhalb holt, sinkt damit sicherlich noch weiter ab. Und die Tatsache, dass ein gestörtes Essverhalten - wie alle Süchte - immer Ausdruck für einen seelischen Konflikt oder ein unverarbeitetes Trauma ist, wird übertüncht von der Illusion, hier handele es sich einfach um eine zu Unrecht von manchen Ärzten verteufelte, irgendwie „besondere“ Lebensweise.

Klar, das Netz ist groß, die Zensur kann (und soll) ja auch nicht überall sein, und wer will, wird immer Möglichkeiten finden, auch (selbst-)zerstörerische Angebote im Web zu schaffen und/oder zu nutzen. Aber man muss es solchen Seiten ja nicht auch noch unbedingt durch falsch verstandene Toleranz leicht machen.

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